Heilig-Geist-Spital Nürnberg – Geschichte, Bedeutung und Sage
Blickt man von der Lorenzkirche aus über die Museumsbrücke in Richtung Rathaus, bleibt der Blick unweigerlich an einem Bauwerk hängen, das wie ein Tor in eine andere Zeit wirkt: dem Heilig-Geist-Spital in Nürnberg. Es liegt direkt an der Pegnitz und scheint auf dem Wasser zu schweben. Das Ensemble aus Stein, Holz und Geschichte prägt seit Jahrhunderten das Stadtbild.
Die Stiftung von Konrad Groß
Das Heilig-Geist-Spital wurde zwischen 1332 und 1339 erbaut. Gestiftet hatte es Konrad Groß, der reichste Bürger Nürnbergs seiner Zeit. Eine Plastik am Nordende der Spitalbrücke erinnert noch heute an ihn.
Von Anfang an war das Spital die größte Fürsorgeeinrichtung der Reichsstadt Nürnberg: Es diente Kranken, Alten und Bedürftigen als Wohn- und Zufluchtsort. Hier fanden sie Versorgung, Pflege und ein Stück Würde in einer Zeit, in der das Leben hart und unsicher war.
Reichskleinodien im Heilig-Geist-Spital
Zwischen 1424 und 1796 hütete das Heilig-Geist-Spital einen Schatz, der von unschätzbarem Wert war: die Reichskleinodien.
Krone, Zepter und Heilige Lanze – die Insignien des Heiligen Römischen Reiches – wurden hier aufbewahrt. Einmal im Jahr durfte das Volk sie sehen, bevor sie zu den Kaiserkrönungen nach Frankfurt gebracht wurden. Damit war das Spital nicht nur ein Ort der Fürsorge, sondern auch ein Hüter der Macht und Symbolik des Reiches.
Architektur über der Pegnitz
Schon im 15. Jahrhundert wurde das Spital erweitert. Besonders prägend sind die Wasserbauten, die zwischen 1511 und 1527 von Hans Beheim errichtet wurden. Sie überspannen die Pegnitz und verleihen dem Spital seine unverwechselbare Silhouette.
Auch die Heilig-Geist-Apotheke, 1498 gegründet, gehört zu den ältesten Apotheken Nürnbergs. Bis heute zeugt sie von der medizinischen Tradition der Stadt.
Im Inneren schuf Adam Kraft die eindrucksvolle Kreuzigungsgruppe, die an den nördlichen Arkadenpfeilern zu sehen ist – ein stilles Zeugnis fränkischer Kunst.
Zerstörung und Wiederaufbau
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Heilig-Geist-Spital Nürnberg schwer beschädigt. Die Kirche selbst konnte nie wieder aufgebaut werden. Doch zwischen 1951 und 1953 entstanden die übrigen Gebäude neu – unter Leitung von Architekt Julius Lincke, der auch den charakteristischen Erker mit Spitzdach rekonstruierte.
Heute verbindet das Spital Vergangenheit und Gegenwart: Die alten Mauern sind erhalten, die Geschichte spürbar – und dennoch erfüllt das Gebäude eine moderne Funktion.
Das Heilig-Geist-Spital heute
Heute beherbergt das Heilig-Geist-Spital ein Seniorenwohnheim unter der Leitung des Nürnbergstifts. Neben der Wohnnutzung sind mehrere Institutionen im Komplex untergebracht. Die kleine Kapelle gehört weiterhin zur Kirchengemeinde St. Lorenz und dient als Ort der Stille mitten im Herzen der Stadt.
Für Besucher ist das Spital eines der bekanntesten Fotomotive Nürnbergs. Kaum eine Postkarte, die nicht das Ensemble aus Spital, Pegnitz und Brücken zeigt.
Die Sage vom „grindigen Heinz“
Doch mit dem Heilig-Geist-Spital verbindet sich nicht nur Geschichte, sondern auch Legende.
Man erzählt sich von Heinrich Groß, dem Vater des Stifters Konrad. Wegen eines hartnäckigen Hautausschlags mieden ihn die Menschen, sie nannten ihn spöttisch den „grindigen Heinz“. Er lebte zurückgezogen im Garten seines Hauses am Plobenhof.
Eines Tages träumte er von einem Schatz unter einer Linde. Als er am Morgen an die Stelle trat, die im Traum mit Blättern markiert war, fand er tatsächlich eine schwere Truhe voller Gold und Silber. Er hielt Wort und versprach, den Schatz den Armen zu widmen.
So entstand das Heilig-Geist-Spital, das über die Pegnitz hinaus gebaut wurde – ein Werk der Barmherzigkeit. Und zur Belohnung wurde der grindige Heinz geheilt. Das Familienwappen der Groß trägt seither 13 Lindenblätter – ein Symbol für den Traum, den Schatz und die Stiftung, die Nürnberg bis heute prägt.
Fazit – Ein Ort voller Geschichte und Legenden
Das Heilig-Geist-Spital Nürnberg ist mehr als ein historisches Gebäude. Es ist ein Ort, an dem sich mittelalterliche Fürsorge, Reichsgeschichte, Architektur und Sage zu einem einzigartigen Erbe verweben.
Wer am Ufer der Pegnitz steht und die Bögen des Spitals betrachtet, hört die Geschichten von Konrad Groß, den Reichskleinodien und dem grindigen Heinz fast im Rauschen des Wassers widerhallen.
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