Henkersteg und Henkerturm in Nürnberg – Mittelalter hautnah erleben
Wenn man durch die Gassen der Nürnberger Altstadt streift und den leisen Klang der Pegnitz hört, stößt man unweigerlich auf ein Ensemble, das wie ein Fenster in die Vergangenheit wirkt: den Henkersteg und den Henkerturm. Hier verbinden sich Geschichte und Legende, Architektur und Anekdoten. Wer diesen Ort besucht, wandelt auf Spuren des Mittelalters – und spürt doch den Pulsschlag einer lebendigen Stadt.
Der Henkersteg – Brücke über die Pegnitz
Der Henkersteg entstand zwischen 1320 und 1325 als „Langer Steg“, um die beiden Stadthälften Sebald und Lorenz miteinander zu verbinden. Heute spannt er sich als überdachte Holzbrücke über den südlichen Pegnitzarm und führt vom Unschlitthaus auf der Lorenzer Seite direkt in den Trödelmarkt – unmittelbar an den Fuß des Henkerturms.
Sein Name erinnert an den Nürnberger Henker, der im angrenzenden Turm wohnte. Doch der Steg birgt auch eine tragische Geschichte: Im Januar 1595 zerstörte ein Hochwasser mit Eisgang die Brücke. 15 Schaulustige stürzten in die Fluten, nur sieben von ihnen konnten gerettet werden. Diese Katastrophe ist in der Neubauerschen Chronik überliefert.
Nach dem Unglück wurde der Steg mehrfach erneuert – zuletzt im 18. Jahrhundert. Heute lädt er als malerischer Übergang ein, Nürnberg aus einer anderen Perspektive zu entdecken.
Der Henkerturm – Wohnort des Scharfrichters
Der Henkerturm erhebt sich auf der Westspitze der Trödelmarktinsel und ist über eine zweibogige Sandsteinbrücke mit dem Wasserturm neben dem Weinstadel verbunden. Hier, in den überbauten Räumen des Turms, lebte der Nürnberger Henker.
Sein Beruf galt als „unehrlich“. Die Bürger mieden ihn, aus Angst, durch den Kontakt selbst gesellschaftlich geächtet zu werden. So war der Henker mit seiner Familie auf die Insel verbannt, abgeschieden und doch mitten in der Stadt.
Seit 2007 beherbergt der Turm das Henkerhaus-Museum, das einen faszinierenden Einblick in Nürnbergs Kriminalgeschichte bietet. Anhand des Tagebuchs von Franz Schmidt, einem der bekanntesten Henker, wird hier das Rechtssystem der frühen Neuzeit greifbar.
Ensemble mit Symbolkraft – Henkersteg, Henkerturm und Weinstadel
Das Bild ist ikonisch: der Henkerturm, daneben der Wasserturm und das Fachwerk des Weinstadels, davor der hölzerne Henkersteg über der Pegnitz. Es ist eines der meistfotografierten Motive Nürnbergs – ein Symbol für die Verbindung von Schönheit und Schwere, von mittelalterlicher Geschichte und lebendigem Stadtbild.
Ob bei Sonnenschein, wenn das Wasser golden glitzert, oder in der Dämmerung, wenn die Türme sich dunkel im Fluss spiegeln – dieser Ort entfaltet immer eine besondere Stimmung.
Henkersteg und Henkerturm als Nürnberger Sehenswürdigkeiten
Heute sind Henkersteg und Henkerturm nicht nur historische Bauwerke, sondern echte Sehenswürdigkeiten Nürnbergs. Sie verbinden Vergangenheit und Gegenwart, erzählen von Hochwassern, von Ausgrenzung, aber auch von der Lebenskraft einer Stadt, die sich stets neu erfand.
Ein Spaziergang über den Steg und ein Blick auf den Turm gehören zu den Höhepunkten jeder Nürnberg-Reise. Hier erfährt man, wie eng in dieser Stadt Geschichte, Architektur und Menschenschicksale miteinander verwoben sind.
Fazit – Nürnbergs Geschichte zum Greifen nah
Wer den Henkersteg betritt, hört die leise Stimme der Vergangenheit. Wer den Henkerturm betrachtet, spürt den Atem des Mittelalters. Gemeinsam bilden sie ein Denkmal, das mehr erzählt als nur von Steinen und Holz.
Der Henkersteg und der Henkerturm in Nürnberg sind Zeugnisse einer bewegten Stadtgeschichte – und ein Ort, an dem man den Zauber einer anderen Zeit unmittelbar erleben kann.
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