Wenn man dem Fluss folgt
Wenn man im Frühling durch die stille Weite Andalusiens wandert, kann man dem Río Bailón begegnen – einem kurzen, doch geheimnisvollen Fluss, der sich durch die Poljé de la Nava windet. Er trägt seinen Namen nicht zufällig: »Bailón«, der Tänzer, scheint zu sagen, und tatsächlich schlängelt sich sein Lauf in sanften, tänzerischen Bewegungen durch das Karstland der Sierra de Cabra. Später nennt man ihn Río Marbella, bevor er als Nebenfluss in den Río Guadajoz mündet.
Ursprung und Verlauf des Río Bailón
Man entdeckt seine Quelle nahe des Weilers Marbella, mitten im Poljé von La Nava – einer Senke im Macizo de Cabra, dem Herzen der Sierras Subbéticas. Von dort aus fließt er in südwest-nordöstlicher Richtung, durchquert die weite Ebene der Polje de la Nava und schneidet sich tief in das Karstgestein des Cerro Camarena. Schließlich erreicht er Zuheros, ein weißes Dorf, das malerisch auf den Felsen thront. Hier bahnt sich der Río Bailón durch eine dramatische Schlucht, die man »Hoz del Bailón« nennt – ein Ort, an dem man die Kraft des Wassers in der Landschaft spüren kann.
Ein Fluss, der verschwindet
Der Río Bailón führt nur in der Regenzeit Wasser. Sein Bett bleibt im Sommer oft trocken, denn der Kalkstein des Bodens ist porös und lässt das Wasser versickern. Unterirdisch aber lebt der Fluss weiter – unsichtbar, in geheimen Gängen, in Höhlen und unterirdischen Strömen, die das Karstgebiet nähren. So entsteht ein faszinierendes Zusammenspiel aus sichtbarer und verborgener Welt, das den Naturpark Sierras Subbéticas so einzigartig macht.
Nicht weit entfernt rauscht der Wasserfall Las Chorreras, ein kleiner, wilder Bruder des Flusses, der besonders nach Regenfällen seine ganze Pracht zeigt. Zahlreiche Bäche, darunter der Arroyo Fuenseca, speisen den Bailón auf seinem kurzen, nur 12,8 Kilometer langen Weg.
Die geheimnisvolle Sinkstelle – Alameílla Negra
Im Herbst 2012 öffnete sich im Flussbett des Río Bailón ein neues Erdloch – das Ponor del Río Bailón –, eine geologische Wunde inmitten der Karstlandschaft Andalusiens. Hier, an der Stelle, die man Alameílla Negra nennt, verschwindet der Fluss plötzlich, als würde er von der Erde verschluckt. Dieses Erdloch besitzt eine einzigartige Geschichte: Es entstand nicht vor Jahrtausenden wie viele andere Ponore, sondern in unserer Zeit, im Jahr 2012 – ein seltener geologischer Prozess, der das lebendige Wesen dieser Landschaft sichtbar macht.
Der Bailón-Fluss versinkt hier lautlos im Boden und taucht erst etwa zwei Kilometer weiter nordöstlich wieder auf, bereichert durch den Zufluss mehrerer kleiner Bäche und unterirdischer Quellen. Das Wasser fließt in geheimen Bahnen, sammelt sich, verschwindet und kehrt zurück – ein faszinierendes Schauspiel der Natur.
Dieses geologische Phänomen liegt etwa drei Kilometer vom Beginn des Flusslaufs entfernt, wenn man von La Nava de Cabra ausgeht. In der Regenzeit füllt sich der Kanal, und das Wasser steigt so weit, dass es das Erdloch vollständig bedeckt. Dann wirkt die Alameílla Negra nicht mehr wie eine Wunde, sondern wie ein schimmernder Spiegel, der Himmel und Landschaft vereint – ein Ort, an dem man spürt, dass Erde und Wasser hier untrennbar miteinander verbunden sind.
Wandern am Río Bailón – Natur erleben in Zuheros
Wenn man in Zuheros unterwegs ist, kann man den Río Bailón auf verschiedenen Wanderwegen begleiten. Ob auf kurzen Spaziergängen durch Weidelandschaften und Steineichenwälder oder auf längeren Routen durch die wilde Hoz del Bailón – hier erlebt man das Zusammenspiel von Stein, Wasser und Licht in seiner reinsten Form.
Der Naturpark Sierras Subbéticas ist ein Paradies für Wanderer, Geologen und Naturliebhaber. Wer den Río Bailón erlebt, spürt den Atem einer Landschaft, die spricht – in leisen Tropfen, im Wispern des Windes, im Tanz des Wassers unter der Erde.