Faszinierende Bergwelt im Westen Kretas entdecken
Wenn man die Weißen Berge – die Lefka Ori – betritt, taucht man ein in eine Landschaft von seltener Wucht. Im Winter trägt der Kalkstein einen Mantel aus Schnee, im Sommer glitzern die Gipfel wie aus weißem Marmor gemeißelt. Hier erhebt sich mit 2.453 Metern der Pachnes, höchster Gipfel Kretas, umgeben von mehr als 50 weiteren Zweitausendern. Ein Paradies für Bergsteiger und Wanderer, das seinesgleichen sucht.
Lefka Ori – Fakten & Hintergründe
Die Lefka Ori (griechisch Λευκά Όρη, „Weiße Berge“), auch Madares genannt, sind das größte Gebirgsmassiv auf Kreta. Ihr höchster Gipfel ist der Pachnes mit 2453 m – nur drei Meter niedriger als der Psiloritis im Osten der Insel.
Das Massiv erstreckt sich über fast 30 km von Ost nach West und rund 20 km von Nord nach Süd. Fast 50 Gipfel über 2.000 m, mehr als 20 große Schluchten und die berühmte Omalos-Hochebene prägen diese einzigartige Bergwelt.
Geschichte & Mythos
Die Sfakioten, Bewohner der Bergregion, waren über Jahrhunderte für ihre Unabhängigkeit berüchtigt. Die Lefka Ori dienten stets als Rückzugsgebiet – ob gegen Venezianer, Osmanen oder im Zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Besatzung.
Eine Hochwüste wie aus einer anderen Welt
Im Zentrum und Süden der Lefka Ori erstreckt sich auf über 1800 Metern Höhe eine Hochwüste – karg wie eine Mondlandschaft, einsam und still. Eine Landschaft, die in Europa einzigartig ist. Man wandert hier durch Dolinen, Karstflächen und Geröllfelder, und spürt die Kraft einer Natur, die uralt und ungezähmt wirkt.
Die Madares – Schäferland in großer Höhe
Zwischen 1600 und 2000 m erstrecken sich die Madares, karge Weideflächen, die traditionell von Schäfern genutzt wurden. Typisch für diese Region sind die Mitata, runde Steinhütten, die ohne Mörtel errichtet wurden und vor allem der Käseherstellung dienten. Der bekannte Sfakiotische Graviera und der frische Myzithra erhalten hier ihren besonderen Geschmack durch die kräuterreiche Hochweide.
Schluchten und Gipfel: Samaria-Schlucht und Gingilos
Rund 50 Schluchten zerreißen die Lefka Ori. Die bekannteste ist die Samaria-Schlucht, eine der längsten Europas. Direkt über ihrem Eingang erhebt sich der Gipfel des Gigilos (Gingilos, 1.974 m). Der Aufstieg beginnt am Restaurant von Xyloskalo, am Rand des Omalos-Plateaus. Wer den Gipfel erreicht, blickt weit über die Nordküste Kretas, die Ägäis und das Libysche Meer.
Zugang über das Omalos-Plateau – Tor zur Samaria-Schlucht
Die Weißen Berge sind nur über wenige Straßen erschlossen. Wichtigster Zugang ist das Omalos-Plateau (1.040–1.250 m), 38 Kilometer von Chania entfernt. Hier kreuzen sich die Bezirke Kydonia, Sfakia und Selino. Von Xyloskalo, dem höchsten Punkt, beginnt nicht nur die berühmte Samaria-Schlucht-Wanderung, sondern auch zahlreiche Bergtouren in die Lefka Ori.
Wandern & Bergsteigen
Heute sind die Lefka Ori ein Paradies für Wanderer. Der Europäische Fernwanderweg E4 durchquert das Massiv, markierte Routen führen auf Gipfel wie Gigilos (1.974 m), Volakias (2.116 m) oder den Pachnes (2.453 m).
Bekannteste Tour ist die Samaria-Schlucht mit jährlich über 100.000 Besuchern. Daneben locken die Aradena-, Agia-Irini- und Imbros-Schlucht sowie stille Hochrouten durch die Madares.
Wichtige Ausgangspunkte sind:
Omalos-Plateau – Tor zur Samaria-Schlucht
Xyloskalo – Startpunkt vieler Bergtouren
Anopoli (Sfakia) – Basis für die Pachnes-Besteigung
Berghütten wie die Kallergi-Hütte (1.650 m) oder die abgelegene Svourihti-Hütte (2.080 m) bieten Bergsteigern einfache Unterkunft.
Wandertipps für die Lefka Ori
1. Wanderung zum Pass der Tripiti-Schlucht
Eine der spektakulärsten Touren in den Weißen Bergen führt von Omalos (1100 m) hinauf zur Tripiti-Schlucht. Auf dem E4-Wanderweg passiert man uralte Pinien, die sprudelnde Linoseli-Quelle und weite Geröllfelder. Am Afchenas-Sattel öffnet sich der Blick auf das Libysche Meer. Wer weitersteigt, erreicht den Gigilos (1.964 m) über scharfkantiges Karstgestein. Geübte Bergsteiger können sogar bis zum Volakias (2116 m) weiterklettern.
Die Samaria-Schlucht zählt zu den längsten und beeindruckendsten Schluchten Europas. Auf 16 Kilometern wandert man von Omalos bis ans Libysche Meer bei Agia Roumeli – vorbei an steilen Felswänden, Platanenwäldern und der berühmten Engstelle der „Eisernen Pforte“. Ein Muss für jeden Kreta-Besucher, mit Shuttle-Bussen für die Rückfahrt.
Als ruhigere Alternative bietet sich die Agia Irini Schlucht an. Start ist im Dorf Agia Irini, der Weg führt entlang des Psilafi-Bachs durch schattige Pinienwälder und vorbei an kleinen Wasserfällen. Der Rückweg über die Figou-Schlucht zeigt eine wilde, üppig bewachsene Landschaft. Ideal für Naturliebhaber, die abseits der großen Touristenströme wandern möchten.
Flora, Fauna & Naturschutz
Die Lefka Ori sind Lebensraum für seltene Tiere: Hier lebt die letzte Population der Kri-Kri-Wildziege auf Kreta, ebenso wie der majestätische Bartgeier, einer der seltensten Greifvögel Europas. Die Hänge tragen dichte Bestände von Kiefern, Zypressen und Ahorn – oberhalb der Baumgrenze dominieren Dornpolster und alpine Kräuter. Große Teile der Region sind als Natura-2000-Schutzgebiet ausgewiesen.
Fazit: Ein unvergessliches Erlebnis in den Lefka Ori
Die Weißen Berge Kretas sind mehr als ein Wandergebiet. Sie sind ein Naturwunder: mit schroffen Gipfeln, geheimnisvollen Hochwüsten und weltberühmten Schluchten wie der Samaria. Wer den Gigilos erklimmt oder die Tripiti-Schlucht durchquert, trägt die Bilder dieser Landschaft für immer im Herzen.