Omalos – Das Herz der Lefka Ori
Wenn man die Hochebene von Omalos betritt, fühlt es sich an, als trete man in das Herz der Weißen Berge (Lefka Ori). Bis weit in den Juni hinein tragen die schroffen Kalksteingipfel ihren weißen Schneemantel, der im Sommer im Sonnenlicht wie Marmor glitzert. Auf 1.040 bis 1.250 Metern Höhe, nur 38 Kilometer von Chania entfernt, öffnet sich hier ein rundes Plateau von seltener Schönheit.
Omalos ist nicht nur ein Naturparadies, sondern auch der Ausgangspunkt für eine der berühmtesten Wanderungen Europas: die Samaria-Schlucht.
Xyloskalo – Tor zur Samaria-Schlucht
Am südlichen Rand des Plateaus liegt Xyloskalo auf 1250 Metern Höhe. Hier beginnt der Weg in die Samaria-Schlucht. Ein Infozentrum und ein kleiner Waldposten erzählen von Flora, Fauna und den Mythen der Lefka Ori. Gegenüber lädt ein Bergrestaurant zur Rast – von dessen Terrasse blickt man auf den majestätischen Gigilos-Gipfel (2.080 m), dessen Felswände die Fantasie an uralte Titanen erinnern lassen.
Gigilos, Pachnes und die Mythologie der Weißen Berge
Man kann sich leicht vorstellen, warum die Berge Kretas so tief in der griechischen Mythologie verwurzelt sind. Der Gigilos gilt als Sitz des Zeus, während die Gipfel Agathopi (1.768 m) und Psilafi (1.984 m) an seine Wagenrennen erinnern. Der höchste Gipfel der Lefka Ori ist jedoch der Pachnes (2.453 m) – ein Ziel für Bergsteiger, die die Stille der Hochwüste suchen.
Omalos – Natur und Kultur im Einklang
Im Frühling verwandelt sich das Omalos-Plateau in ein blühendes Meer aus wilden Blumen. Man entdeckt hier seltene Kräuter, auf denen Schafe und Ziegen weiden. Seit Jahrhunderten wird die Ebene für Landwirtschaft genutzt – Kartoffeln, Getreide und Obst gedeihen im kühlen Klima.
Auch die Geschichte ist hier lebendig: Während der Osmanischen Herrschaft und im Zweiten Weltkrieg diente die Hochebene als Rückzugsort für Widerstandskämpfer. Besonders bekannt ist die Tzanis-Höhle, ein verborgenes Labyrinth, das einst Rebellen als Unterschlupf diente.
Geografie – Das Omalos-Plateau im Überblick
Höhe: ca. 1.100 m über dem Meer
Durchmesser: 4–5 km, Fläche ca. 15 km²
Form: nahezu kreisrunde Karstsenke (Polje)
Zugänge: von Chania über Lakki und Kares, von Kissamos über Deres und Prases, von Westen über Sougia oder über die Samaria-Schlucht von Süden
Das Dorf Omalos liegt 4 km vom Eingang der Schlucht bei Xyloskalo entfernt.
Wandertipps rund um das Omalos-Plateau
Omalos ist ein wahres Wanderparadies. Von hier führen Wege nicht nur in die Samaria-Schlucht, sondern auch auf Gipfel wie Gigilos (2.080 m), Volakias (2.116 m) und weiter in die Hochwüste der Lefka Ori. Der Europäische Fernwanderweg E4 durchquert die Region und verbindet Omalos mit Sfakia, Sougia und Paleochora.
Zum Pass der Tripiti-Schlucht – Panorama zwischen Himmel und Meer
Von der Hochebene Omalos startet man eine der eindrucksvollsten Touren in den Weißen Bergen (Lefka Ori): die Wanderung zum Pass der Tripiti-Schlucht. Der gut markierte E4-Fernwanderweg führt zunächst auf einem gepflasterten Steinweg bergauf. Vorbei an bizarren Felsformationen, uralten Pinien und der Linoseli-Quelle – ein idealer Ort für eine Rast mit Blick auf den mächtigen Gigilos-Gipfel (2.080 m).
Der Anstieg zum Afchenas-Sattel führt über ein weites Geröllfeld, bevor sich am Pass ein gewaltiges Panorama öffnet: tief unter einem liegt die Tripiti-Schlucht, dahinter glitzert das Libysche Meer. Von hier aus zweigt eine wilde Route in die Schlucht ab, während der markierte Weg weiter zum Gipfel des Gigilos führt. Der Aufstieg verlangt Trittsicherheit und leichte Kraxelei auf scharfkantigem Karstgestein.
Oben angekommen, belohnt ein atemberaubender Rundblick: über die Tripiti-Schlucht, das endlose Blau des Mittelmeers und bis hin zur Insel Gavdos, dem südlichsten Punkt Europas. Wer geübter Bergsteiger ist, kann den Weg noch erweitern – zum benachbarten Volakias (2.116 m) mit weglosen Passagen und Kletterstellen. Eine Tour, die Abenteuer, Mythos und Natur zu einem unvergesslichen Erlebnis verbindet.
Von Omalos führt der Weg direkt in die Samaria-Schlucht, eine der längsten Schluchten Europas und ein absolutes Muss für Wanderfreunde. Auf rund 16 Kilometern wandert man durch eine dramatische Landschaft: schroffe Felswände, schattige Pinien- und Zypressenwälder, uralte Platanen.
Der Höhepunkt der Tour ist die legendäre „Eiserne Pforte“, eine nur wenige Meter breite Passage, in der sich die Felsen fast berühren. Am Ende öffnet sich die Schlucht zum Meer, und man erreicht das abgelegene Küstendorf Agia Roumeli, wo ein Bad im Libyschen Meer die Anstrengung belohnt.
Die Wanderung durch die Samaria-Schlucht erfordert gute Kondition und festes Schuhwerk, belohnt aber mit einem unvergleichlichen Naturerlebnis. Da die Schlucht nur in den Sommermonaten geöffnet ist, sollte man sich vorher über Öffnungszeiten und Shuttle-Busse informieren, um die Rückfahrt zu organisieren.
Weniger bekannt, aber ebenso reizvoll ist die Agia Irini-Schlucht – eine stille Schwester der Samaria-Schlucht. Ausgangspunkt ist das Dorf Agia Irini, von wo aus man einem gut markierten Weg folgt. Der Pfad schlängelt sich entlang des Psilafi-Bachs, vorbei an schattigen Pinienhainen, kleinen Wasserfällen und immer wieder zu weiten Ausblicken auf die Lefka Ori.
Besonders eindrucksvoll ist der Rückweg durch die Figou-Schlucht mit ihren engen Felswänden und üppiger Vegetation. Diese Route ist moderat und ideal für Wanderer, die Ruhe und Vielfalt suchen, ohne die großen Besucherströme der Samaria-Schlucht.
Da es unterwegs nur wenige Einkehrmöglichkeiten gibt, sollte man genügend Wasser mitnehmen und gute Wanderschuhe tragen. Die Agia Irini-Schlucht ist ein Geheimtipp für alle, die die wilde Schönheit Kretas auf stilleren Wegen erleben möchten.
Praktische Tipps zur Anreise
Mit dem Auto: Von Chania (38 km) über Lakki und Kares oder von Kissamos über Deres.
Mit dem Bus: Die öffentlichen KTEL-Busse verbinden Chania, Omalos und in der Saison auch Paleochora und Sougia.
Mit dem Taxi: Besonders praktisch, wenn man sich die Fahrt mit anderen Wanderern teilt.
Wer die Samaria-Schlucht durchqueren möchte, sollte früh starten, um die Ruhe des Plateaus und die Morgenstimmung in den Bergen zu genießen.
Fazit – Omalos, das Tor zur Wildnis der Lefka Ori
Die Hochebene Omalos ist weit mehr als ein Ausgangspunkt für Wanderungen. Sie ist ein Ort, an dem sich Natur, Mythos und Geschichte zu einem Erlebnis verweben. Man spürt hier die Kraft der Lefka Ori, sieht die Spuren des Widerstands, riecht die Kräuter auf den Weiden und blickt über Gipfel, die schon den Göttern gehörten.
Wer Omalos besucht, nimmt nicht nur Bilder mit nach Hause, sondern eine Erinnerung, die bleibt.